Wie die Evonik Lernstunde das Lernen im Konzern neu definierte
Marco Samland
NRW, Deutschland
39 Jahre
Marco, langjähriger Mitarbeiter beim Chemiekonzern Evonik Industries AG, führte durch seine Initiative und Kreativität eine echte Revolution im digitalen Lernen in der Chemiebranche an. Mit der "Evonik Lernstunde" schuf er ein innovatives Format, das den Wissensaustausch auf eine neue Ebene hob und große Teile der Evonik-Belegschaft zusammenbrachte. Die wöchentlichen Sessions, die verschiedene Themen abdeckten, förderten nicht nur das Lernen, sondern auch die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen Kollegen weltweit. Marco’s Engagement und die Unterstützung durch eine wachsende Gemeinschaft machten die Lernstunde zu einem Vorzeigeprojekt, welches Anerkennung im Bereich eLearning fand.
3 Impulse, die du aus Der Lebensstory für dich mitnehmen kannst
Mut zur Eigenverantwortung
„Ich habe nie darauf gewartet, dass mir jemand die Erlaubnis gibt – ich habe einfach gemacht und damit die Evonik Lernstunde ins Leben gerufen.“
➡️ Frage an Dich: In welchen Bereichen könntest du mehr Eigenverantwortung übernehmen, um echte Veränderungen voranzutreiben?
Starke Gemeinschaft als Schlüssel zum Erfolg
„Von Mitarbeitern für Mitarbeiter – die Lernstunde wuchs schnell, weil sich immer mehr Kollegen beteiligten und einbrachten.“
➡️ Inspiration: Wie kannst du in deinem Team oder deiner Organisation mehr Gemeinschaft und Zusammenarbeit fördern?
Wert von kontinuierlichem Lernen
„Mit 109 Lernstunden und über 39.000 Teilnehmern in einem Jahr wurde deutlich, wie wichtig ständiges Lernen und Wissensaustausch im Unternehmen sind.“
➡️ Tipp: Investiere in kontinuierliches Lernen. Was tust du, um dein Wissen regelmäßig zu erweitern?
Wer bist Du & welche Lebensstory möchtest Du uns heute erzählen?
Ich bin Marco Samland, 39 Jahre alt, wohne im schönen Kirchhellen, bin verheiratet und stolzer Vater von zwei wunderbaren Kindern (Lena und Lucas). Seit 2001 arbeite ich bei der Evonik Industries AG in Essen. Außerdem spiele ich Fußball bei den Alten Herren des VfB Kirchhellen und bin im Vorstand für Öffentlichkeitsarbeit tätig. Zu meinen Hobbys zählen Fitness, Musik und vieles mehr.
Marco ist nicht nur leidenschaftlicher Fußballer, sondern übernimmt auch gerne Verantwortung als Vorstandsmitglied
Ich war 5 Jahre lang Stadionmoderator auf Schalke (damals noch 1. Liga), obwohl ich BVB-Sympathisant bin 😉 (es war jedoch ein guter Rhetorikkurs). Mein Highlight als Moderator war 2011 auf der Schalke-Bühne vor dem Berliner Olympiastadion beim DFB-Pokalfinale Schalke vs. Duisburg. Grundsätzlich fühle ich mich in der Moderation zuhause. Außerdem betreibe ich ein Kleingewerbe unter dem Namen Freistil Moderation.
Marco als Stadionmoderator auf Schalke (links) . Sein Herz schlägt jedoch für den BVB (rechts mit dem damaligen Borussia Trainer Jürgen Klopp)
Ich möchte Euch in eine für mich unvergessliche Zeit mitnehmen. Ein Auftrag, der zu meiner Passion wurde und das Lernen in einem Konzern nachhaltig verändert und geprägt hat: die Evonik Lernstunde!
Heute nimmt uns Marco auf seine "Evonik Lernstunde" Lebensstory mit
Wie kam es dazu & was ging Dir durch den Kopf?
Im Februar 2019 kam mein damaliger Chef Richard Klein (Bereich Personalentwicklung) auf mich zu und sagte: „Marco, wir brauchen etwas Neues, am besten so wie den Tatort jeden Sonntag – etwas, das im Kopf bleibt. Aber es gibt kein Budget.”
Marco mit seinem Trainer-Buddy Lars Stadelmann und den Teilnehmern des Programms „Evonik Meister – und Vorarbeiterprogramm“
Daraufhin machte ich mir Gedanken. Wir wollten Lernen – kurz und bündig. Eine Stunde schien ideal. Lernen plus eine Stunde ergab die 'Lernstunde' bei Evonik, also die 'Evonik Lernstunde'. Die Zeit von 10–11 Uhr erschien mir perfekt: nicht zu früh, da noch nicht viele teilnehmen, aber auch nicht zu spät. Der Freitagvormittag passte ideal, denn bekanntlich steigt die Stimmung am Freitag stündlich. Doch mir war auch klar, dass nicht alle an einem Freitag teilnehmen können. Daher wäre eine Aufnahmemöglichkeit sinnvoll gewesen – was heute selbstverständlich ist, war 2019 noch Neuland. Viele Funktionen waren damals noch nicht verfügbar oder freigeschaltet.
Also war mir klar, dass ich helfende Hände und Unterstützer finden musste, die in bestimmten Fachrichtungen bereits modern aufgestellt sind bzw. „neuen Möglichkeiten“ gegenüber aufgeschlossen sind.
Bei Evonik hatten wir damals schon eine Kollaborationsplattform namens "Connections" – eine Art "Facebook" für Evonik-Mitarbeiter, um sich öffentlich oder privat in Gruppen digital auszutauschen und Inhalte zu teilen. Ein wichtiger Anlaufpunkt sicherlich für die „Evonik Lernstunde”.
Wie bist Du zu Beginn vorgegangen?
Ich habe also die mir auffälligsten Kollegen mit unterschiedlichem Background angeschrieben und zu einem "Meeting" eingeladen: Melanie Globerger, Frank Nestler, Alexander Stroick und Rainer Gimbel. Rainer hatte Jahre zuvor "Connections" eingeführt und vorangetrieben. Alle anderen Kollegen hatten einen IT-Background. Wir trafen uns in Marl im Gebäude der CREAVIS. Ich stellte meine Ideen vor, und die Kollegen ergänzten, machten weitere Vorschläge und waren "Feuer und Flamme".
Ich brauchte eine Community auf Connections, und Frank Nestler war damals genau der RICHTIGE. Er meinte, er werde mir etwas dafür bauen. Wichtig war für mich, dass wir in jeder Lernstunde unterschiedliche Themen anbieten. Es durfte nicht wochenlang nur IT- oder HR-Themen geben. Wenn etwas besonders wichtig war, habe wir einfach ein "Special" angeboten. Die Vielfalt war immer entscheidend und zeigte auf der einen Seite eine riesige Bandbreite an Wissen. Vielfalt passt auch zu Evonik und den Kolleginnen und Kollegen, da es nie Einschränkungen gab. Grundsätzlich konnte und kann jeder mit einem Evonik-Account an den Lernstunden teilnehmen – vom Azubi bis zum Vorstand, Verwaltung sowie Produktion. Und wenn eine Teilnahme nicht möglich war, half der Lernstundenkanal 24/7 weiter. Von Mitarbeitern für Mitarbeiter.
Marco mit den Gründungsmitgliedern der Evonik Lernstunde
Die Evonik Lernstunde war geboren, und in den nächsten Tagen tauschte ich mich mit Frank zur Erstellung der Community aus. Natürlich mussten wir auch die allererste Lernstunde bewerben. Connections, das Intranet und alle Weiteren teilten fleißig mit. Im Evonik Intranet erschien der erste Beitrag mit dem Titel "Tatort Wissenslücke".
Erster Beitrag über die Evonik Lernstunde im Evonik Intranet am 27.02.2019
Wie ging es dann weiter?
Das Titelbild der Evonik Lernstunde mit Tafel und Kreideschrift
Der Rahmen war gesetzt, die Lernstunde hatte ein "Titelbild". Am Anfang war es eine Tafel mit Kreideschrift, aber im positiven Sinne :-). Die erste Lernstunde via MS Teams stand im März 2019 mit Melanie Globerger, 85 Teilnehmern und dem Titel "MS Teams – erste Schritte" in den Startlöchern. Ich habe als erster "Nicht-ITler" die Freigabe bekommen, via Teams auch Aufzeichnungen zu machen. Dafür hatte ich bei MS Stream einen Evonik Lernstunden Kanal erstellt, wo alle Aufzeichnungen jeder Lernstunde für diejenigen, die nicht teilnehmen konnten (Teilzeitler, Urlauber etc.) gespeichert wurden. Von Anfang an war es wichtig, eine feste Zeit zu haben. Wie der Tatort (so der Wunsch/Vision meines Chefs, etwas Wiederkehrendes zu schaffen), und je mehr Werbung und gute Themen, desto besser. Nichts ist schlimmer, als wenn es mal am Montag um 8 Uhr und dann am Freitag um 15 Uhr stattfindet. Ich hatte dann auch einen Blocker erstellt, den sich die Mitglieder abspeichern konnten, sodass mittwochs und freitags von 10–11 Uhr geblockt war, mit einem Link zur Lernstundenübersicht. Ansonsten konnte jeder 24/7 die Lernstundenaufzeichnungen anschauen. Ursprünglich war das Ziel, einmal im Monat eine Lernstunde abzuhalten, aber das änderte sich sehr schnell…
Die Evonik Lernstunde nahm schnell an Fahrt auf…
In den ersten Lernstunden waren es fast 90 Teilnehmer, was für Melanie und mich schon absoluter WAHNSINN war. Da begann bei mir die positive Sucht nach mehr Themen und mehr Teilnehmern. Ich entwickelte mich zu einem Lernstundenvertriebler, der gefühlt alles und jeden für bestimmte Themen angeschrieben hat. Ich suchte im Intranet nach Themen, folgte viel meinem Bauchgefühl und entdeckte kreative Möglichkeiten. Dazu kamen Zufälle oder auch das Glück, bestimmte Personen via LinkedIn von der Lernstunde zu überzeugen. LinkedIn war immer gut zum Austausch und "Vermarkten". Die Telekom hatte zum Beispiel LEX (ähnlich wie die Lernstunde), was wir über LinkedIn entdeckten, und wir tauschten uns aus. So kam es, dass auch mal 3–4 Evonik-Mitarbeiter bei der Telekom referierten.
Trainerkollegen, die Softskillthemen vorstellen konnten, kamen ebenfalls dazu. Rainer Gimbel hatte damals mit Sketchnotes angefangen und war der Nächste im Bunde (live und interaktiv). Es kamen immer mehr Menschen und Themen dazu. Von Mitarbeitern für Mitarbeiter. Das Besondere war auch, dass auf Connections immer mehr Kollegen die Lernstunde unterstützt haben. Ein tolles Gefühl schon damals, und plötzlich hatte ich jeden Freitag ein Lernstundenthema voll.
Der Stundenplan der Evonik Lernstunde war relativ schnell voll
Nur wenige Monate später gab es bei Evonik neue „Werte“ für unser Unternehmen. Es wurde offiziell und weltweit nach Ideen gefragt, die diese Werte unterstützen bzw. dafür stehen. Rainer Gimbel meinte in einem Meeting, das könnte etwas für die Evonik Lernstunde sein.
Ich dachte mir, es wäre zumindest eine gute Möglichkeit, die „Evonik Lernstunde“ bekannter zu machen! Die Evonik-Mitarbeiter haben abgestimmt, und so wurde die Evonik Lernstunde zu einer der TOP 20 Ideen weltweit gewählt. Sie durfte an den Speed-up-Konferenzen teilnehmen, bei denen mich Kolleginnen und Kollegen in einem kleinen Team unterstützt haben. Wir traten vor dem Vorstand auf, nutzten Sketchnotes und vieles mehr. Am Ende gehörte die Evonik Lernstunde zu den TOP 5 Ideen und gewann zahlreiche neue Communitymitglieder dazu.
Die Evonik Lernstunden vertreten durch Ann-Kathrin Bluhm, Eun-Ok Busch und Thomas Kummer bei der erfolgreichen Teilnahme an den Speed-up-Konferenzen. Evonik-CEO Christian Kullmann überreicht Marco ein Bild zur Auszeichnung der „Top 20“-Ideen.
Es gab danach Ziele. Eines war, weitere Mitglieder zu gewinnen und die Evonik Lernstunde auch international anzubieten. Nach jeder Lernstunde und nach jedem Meeting habe ich Kolleginnen und Kollegen eingeladen, der Evonik Lernstunden Community beizutreten – nie einfach hinzugefügt, schließlich sollte sich jeder selbst dafür entscheiden. Die Evonik Lernstunde war nur eine von vielen Aufgaben (wie Seminare und Workshops zu geben), aber diese Aufgabe habe ich gerne 24/7 gemacht.
Marco übernahm die Evonik Lernstunde neben seiner Tätigkeit als Trainer im Team Personal- und Organisationsentwicklung
Wenn du dir vorstellst, dass ich z.B. 110 Lernstunden hatte, gab es jede Woche eine neue Lernstunde. Auch im Urlaub habe ich mit mobilen Geräten weiter Lernstunden gegeben, moderiert, aufgenommen und ständig nach neuen Themen gesucht, indem ich Menschen einfach angeschrieben habe. Es ist vergleichbar mit einem Kind: Wenn du etwas ins Leben rufst, es lebst, an Ideenwettbewerben teilnimmst, 24/7 nach Themen suchst, es moderierst, es administrierst und Teilnehmerzahlen im drei- bis vierstelligen Bereich jede Woche hast (und das war ja nicht meine einzige Aufgabe!), dann brennst du dafür.
Marco brennt für das Thema "Lernen". Nicht nur bei der Evonik Lernstunde, sondern auch als damaliger Trainer.
Ich habe mit zwei Kolleginnen aus den Regionen Americas und APAC in Meetings über die Evonik Lernstunde gesprochen und konnte beide dafür gewinnen. Das Titelbild der Lernstunde wurde angepasst – weg von der Tafel, hin zu einem modernen "Arbeitsplatz" – und dann internationalisiert. Mittlerweile kannte ich mich gut auf Connections aus (vorher hat Frank immer meine Fragen beantwortet) und konnte die weiteren Lernstunden-Communities erstellen, mit eigenen, passenden Titelbildern für die jeweiligen Regionen. Immer wenn ich ein neues Thema gewinnen konnte, wurde direkt gefragt, ob es auch für die anderen Regionen relevant wäre, und so wurden Themen vermittelt und immer wieder unterstützt.
Die Evonik Lernstunde wird nach nur wenigen Monaten international (Januar 2020)
Ich habe diverse Kollegen, Führungskräfte und Projektleiter angeschrieben und immer nach einer Lernstunde gefragt, wobei ich die Experten vor allem "überredet" habe. Als Moderator war ich stets unterstützend dabei, was vielen sehr geholfen hat. Auch wenn man die Teilnehmer oft nicht gesehen hat, lagen viele Lernstunden bereits im dreistelligen Bereich der Teilnehmerzahl, was einige ziemlich nervös gemacht hat.
Marco als unterstützende Kraft in seiner Moderatorenrolle – Hier beim ersten Vorstandsspezial mit Personalvorstand Thomas Wessel.
Doch klar war auch, dass ich VIPs brauchte! Mit VIPs bekommt man natürlich mehr Aufmerksamkeit, Beiträge im Intranet, und man kann einen super Beitrag auf LinkedIn schalten. Ich war stolz und glücklich, und für die Teilnehmer war es die Möglichkeit, digital ganz nah dabei zu sein und anders als in anderen Formaten Fragen zu stellen.
Also begann ich, direkt und ungefragt unseren Vorstand anzuschreiben. Ich hatte nie Angst – ganz im Gegenteil, ich konnte es kaum erwarten, welche Antwort ich bekomme! Sobald ich eine Zusage hatte, startete sofort meine Prozesskette: Anlegen der Lernstunde mit Bild und Beschreibung, Werbung über Teams, die Redaktion informieren, LinkedIn-Post, ggfs. ein Newsletter-Spezial an alle Mitglieder. Dann kamen die wahnsinnigen Teilnehmerzahlen in Minuten … einfach toll!
ABER: Ich habe nie erst meine Vorgesetzten gefragt. Ich kann mir vorstellen, dass das in "bestimmten" Meetings nicht gut ankam, aber es ließ sich auch nicht mehr zurücknehmen 😉
Begonnen hat es mit dem Personalvorstand Thomas Wessel! Er sagte zu, und plötzlich kam „Corona“. Zum Glück waren wir bei Evonik gut aufgestellt, und die Evonik Lernstunde feierte fast ihr einjähriges Bestehen, als das erste Vorstandsspezial bevorstand. Über 1.400 Teilnehmer hatten sich angemeldet. Unsere IT konnte mir selbst mit dem Teams-Live-Event (ich war der erste Nutzer weltweit) keine Garantie geben, ob es klappen würde – absoluter Kaltstart und Hoffnung. Es war ja „nur“ der Vorstand. Aber am Ende dieser besonderen Lernstunde waren alle begeistert. In nur einer Stunde war man dem Vorstand so nah wie sonst nie. Es gab unglaublich viele Fragen, sodass Thomas Wessel entschied, in wenigen Wochen noch eine Lernstunde zum Thema „Beruf und Familie in der Corona-Zeit“ zu machen.
Aus einem Vorstandsspezial mit Personalvorstand Thomas Wessel wurden in kurzer Zeit direkt zwei.
Durch den Vorstand bekam die "Evonik Lernstunde" auch Beiträge in unserem Evonik Intranet, und ich begann auf LinkedIn (obwohl nur interne Zugriff hatten) für jede Lernstunde Werbung zu machen. Ich habe unzählige Menschen, egal auf welcher Hierarchieebene, angeschrieben. Alle Vorstände, den IG BCE-Vorsitzenden Michael Vassiliadis, den Aufsichtsratsvorsitzenden Bernd Tönjes (eigentlich wollte ich nur die RAG Stiftung) – und alle waren mehrfach in einer Evonik Lernstunde! Einmalig in der gesamten Chemie-Branche!
Evonik Lernstunde mit dem Vorsitzenden der Industriegewerkschaft IGBCE Michael Vassiliadis
Ich hatte unsere Evonik-Ärztin Dr. Uta Müller überreden können, ein Corona-Spezial zu halten. Über 2.000 Teilnehmer hatten sich angemeldet, und es folgten weitere Specials! Dazu kamen Wohnzimmerkonzerte, bei denen Mitarbeiter live mit Gitarre und Gesang oder am Flügel auftraten – einfach, um Abwechslung in die Lernstunden zu bringen.
Während der Corona-Zeit gab es auch Wohnzimmerkonzerte in der Evonik Lernstunde
Ich konnte auch damals Herrn Volker Busch für das Thema „Gehirn unter Strom“ gewinnen (bekannt aus dem TV) sowie viele weitere spannende Themen. Meinen damaligen Kollegen Mattias Malki hatte ich für das Thema Bitcoin angefragt. Kurz danach wurde er vom damaligen Finanzvorstand zum Bitcoin-Experten ernannt.
Die Evonik Lernstunde hat viele weitere besondere Momente gebracht – zu viele für diese Lebensstory :-). Aber hier noch einige beeindruckende Zahlen: Unser Rekordjahr war 2021 mit 109 Lernstunden und 39.090 Teilnehmern! Das größte Live-Event hatte 3.400 Teilnehmer, und die Community umfasste 13.000 Mitglieder.
Zu Weihnachten gab es immer eine Weihnachtslernstunde, und ich habe den Mitgliedern eine persönliche Videobotschaft geschickt.
Marco bei der Verkündung der frohen Botschaft in der Evonik Lernstunde zu Weihnachten
Über Connections konnte ich monatlich Newsletter an alle Mitglieder verschicken, da ich gemerkt hatte, dass die Kolleginnen und Kollegen besonders auf einfache E‑Mails mit den Themen als Hyperlink aktiv reagierten. Nach dem Versenden eines Newsletters konnte ich sekündlich sehen, wie sich auf einmal drei- bis vierstellige Anmeldungen von 11.000 Mitarbeitern ergaben. Unglaublich! Unglaublich schön!
Es gab vom internen Community-Management zwei Mal eine Abstimmung für die "beste" Community bei Evonik weltweit. Zwei Mal hat die Evonik Lernstunde gewonnen, da eine unglaubliche Masse an Mitarbeitern dieses Format total unterstützt hat.
Ich hatte die Evonik Lernstunde auch für den eLearning Award 2021 beworben. Nach allem, was geschehen war, fehlte noch ein externer Preis/Award. Da ich mit eLearning zu tun hatte, war es einen Versuch wert – und die Evonik Lernstunde wurde als beste "Learning Community" ausgezeichnet.
Die Evonik Lernstunde wird als beste Learning Community vom e‑Learning Journal ausgezeichnet
Ich durfte gemeinsam mit unserem Personalvorstand Thomas Wessel diese Auszeichnung bewerben, und auch er hat einen Award erhalten.
Marco und Personalvorstand Thomas Wessel mit dem eLearning Award für die beste „Learning Community“ – Die Evonik Lernstunde
In welchen Momenten hast Du an Dir gezweifelt & wie hast Du wieder Mut gefasst?
An mir gezweifelt habe ich nie. Oft habe ich jedoch an den Rückmeldungen bestimmter Personen gezweifelt. Es gab immer wieder Leute, die sich fragten, warum die Evonik Lernstunde bei der Speedup-Konferenz mitmachen sollte. Einige fanden, die Evonik Lernstunde sei zu präsent, und da ich komplett allein agierte, fühlten sich andere Bereiche gestört, da sie keine Kontrolle hatten. MUT habe ich wöchentlich gefasst – durch die Themen, die enorme Teilnahme und die positive Rückmeldung. Egal, was war, die Kolleginnen und Kollegen haben sich wöchentlich eingebracht und wunderbares Feedback gegeben, und nun startet die Evonik Lernstunde auch international durch!
Sicherlich gab es Personen, denen es überhaupt nicht gefiel, dass ich völlig selbständig und ohne zu fragen auf Menschen zugegangen bin, egal welche Position sie hatten. Aber wenn ich ein Thema hatte, wurde es von mir direkt angeboten, und eine Absage war dann nicht mehr möglich. Ich habe einfach gemacht.
Ich war 3,5 Jahre komplett allein tätig. Ich hatte keine Vertretung. Egal wo ich war, ich habe immer und überall Werbung für die Lernstunde gemacht. Auch im Urlaub habe ich mit mobilen Geräten weiterhin Lernstunden gegeben, moderiert und aufgenommen. Wenn sich dann Unmengen von Menschen beteiligen und deine Arbeit wertschätzen, dann ist das etwas UNGLAUBLICHES! Das erlebt man nicht immer, und ich hatte das Glück, aber ich habe fürs Unternehmen und für die Lernstunde gebrannt!
Wo stehst Du heute & wie sieht die Zukunft aus?
In meinem eigenen Bereich, wo ich 2019 den Auftrag erhielt, etwas NEUES anzubieten, und als totaler Alleinunterhalter (von der Beschaffung, Betreuung, Moderation bis zur Aufzeichnung) agierte – aber immer mit vielen tollen Kolleginnen und Kollegen, die unterstützt und supportet haben – kam plötzlich die "Auflage", die Evonik Lernstunde herunterzufahren. Das empfand ich als nicht richtig. 2019 bekam ich den Auftrag, etwas NEUES einzuführen, und das ist MEHR als gelungen. Dann, 2021, sollte es auf einmal zu viel sein? Warum? Weil die Mitarbeiter endlich digital lernen, sich austauschen und etwas mitnehmen konnten, ohne das Büro oder Zimmer zu verlassen? Kostenlos, nur die Zeit? Das habe ich nicht verstanden und konnte es auch nicht nachvollziehen.
Dazu hatte ich mich für einen neuen Job innerhalb des Unternehmens entschieden. Evonik ist toll und bietet viele Möglichkeiten. Die Lernstunde hat mir natürlich eine gewisse Bekanntheit und ein starkes Netzwerk eingebracht. Auf der anderen Seite war ich auch enttäuscht, dass ich für die ganze Arbeit (ein völlig neues Produkt, digitales Lernen, ein wichtiger Ankerpunkt in der Coronazeit und vieles mehr) außer der Wertschätzung meines Vorgesetzten keine Entwicklungsmöglichkeiten erhalten habe. Meine lebhafte und unterhaltsame Moderation mit VIPs (wie dem Vorstand etc.) ließ mich hoffen, dass daraus weitere Möglichkeiten entstehen – vor allem, wenn alle "sehr zufrieden" sind.
Das war jedoch nicht der Fall, und da bin ich jemand, der handelt und nach neuen Wegen sucht. So ging es dann schneller als gedacht 😉 Da es bis dato keinen Ersatz gab und die Zukunft der Evonik Lernstunde unklar war, entstand die Idee, zusammen mit dem Communitymanagement von Evonik einen Aufruf zu starten. In meiner letzten Videobotschaft ("Aufbruch und Abschied") hatte ich mich an die 11.500 Mitglieder (größte Evonik Community weltweit) verabschiedet, aber auch gesagt, dass wir nach einem agilen Team suchen, das freiwillig meine Tätigkeiten übernimmt und fortführt. Es hatten sich 18 Personen gemeldet (was ich nie erwartet hätte), und es sind 10 Personen geworden, die seit März 2022 nun als agiles Team "A‑Team" die Evonik Lernstunde übernommen haben – außerhalb des HR-Bereichs.
Marco´s Abschiedsvideo “Aufbruch & Abschied” hatte über 100 Kommentare und über 4.000 Ansichten
Am Anfang war ich noch sehr präsent beim Übergang und der Übergabe, und natürlich nehme ich an fast allen Lernstunden teil. Jetzt gebe ich nur ab und an im Hintergrund mal Tipps oder mache Vorschläge für Themen, quasi als "stiller" Berater und „normaler“ Teilnehmer.
Die Evonik Lernstunde feierte ihr 5‑jähriges Jubiläum, und das wurde mit einem neuen Logo und einem Geburtstagsspezial gebührend gefeiert. Auch Thomas Wessel teilte eine Videobotschaft. Zudem wurden ich und weitere Beteiligte sowie Supporter eingeladen, um über die Geschichte der Lernstunde zu sprechen.
Die Evonik Lernstunde feiert ihren fünften Geburtstag samt neuem Logo
Was hast Du aus dieser Erfahrung gelernt?
Ich habe gelernt, wie es ist, etwas NEUES einzuführen, auszubauen, zu internationalisieren und zu moderieren – und das mit einem enormen Zuspruch der Kolleginnen und Kollegen. Die Evonik Lernstunde war in so vielen Bereichen ein Vorreiter. Die ersten Microsoft Teams Meetings & Live Events, deren Aufzeichnungen und das gesamte Format waren für die damalige Zeit im Evonik-Konzern und generell in der Chemiebranche komplett neu.
Die Evonik Lernstunde bleibt etwas, das ich wirklich NIE vergessen werde und das im beruflichen Kontext unvergessen bleiben wird! Der enorme Zuspruch, die Wertschätzung und vor allem die überwältigende Rückmeldung, als ich nach 3,5 Jahren gewechselt habe, waren beeindruckend!
Durch meinen Wechsel habe ich erst richtig gemerkt, wie bekannt die Evonik Lernstunde geworden ist und ich dazu. Beim Wechsel kannte mich jeder, was das gegenseitige Kennenlernen enorm vereinfacht hat!
Marco in seiner neuen Funktion im Bereich Digital Transformation (BL Coating Additives) – Finger weg vom Moderieren kann er nicht lassen 😊
Welche Strategien, Methoden & Tools waren entscheidend für Deinen Erfolg?
Ich war bekannt für extreme "Öffentlichkeitsarbeit". Die Evonik Lernstunde war überall: in Teams-Kanälen, auf Connections, im Evonik Intranet, auf LinkedIn und mit monatlichen Newslettern an 11.500 Mitarbeiter! Dazu kam meine unterhaltsame, passende Moderation – fast wie ein Radiomoderator. Grundsätzlich, wer mich kennt, weiß: Ich kommuniziere gern und viel ;-).
Mein Moderationsstil war ein Resultat der unterschiedlichen Erfahrungen der vergangenen Jahre, sei es als Mensch, Moderator auf Schalke, bei anderen Veranstaltungen, im ESK (Evonik Starting Kit), in Workshops und Seminaren. Ich habe mich immer authentisch mit einer Prise Humor gezeigt, aber auch klare Struktur gelebt, gerade bei Zeit und Fragen. Meine Grundregel war: Wenn ich eine Stunde opfere, möchte ich unterhalten werden und nicht einschlafen – auch beim Seminar ;-). Selten vorbereitet, bis heute noch – grobe Ahnung und dann einfach los!
Marco´s toller Moderationsstill ist eine Mischung aus „Einfach drauf los“ & jahrelanger Übung, hier auf Schalke & bei der Jubiläumsveranstaltung der IGBCE
Strategie bei der Themenfindung und Recherche:
- Aktuelle Themen und Trends: Ich habe oft nach Themen gesucht, die gerade relevant oder aktuell waren. Ein Beispiel wäre die Bundestagswahl. Da habe ich unseren Leiter für Politische Kommunikation angeschrieben und gefragt, ob er kurzfristig vor der Wahl etwas präsentieren möchte – mit Blick auf Evonik. Daraus wurde dann ein Spezial, und nach der Wahl haben wir ein weiteres Spezial organisiert.
- Google und LinkedIn als Quellen: Wenn ich ein spezifisches Thema im Kopf hatte, wie z.B. die Digitalisierung und deren Einfluss auf unser Gehirn, habe ich einfach gegoogelt und LinkedIn genutzt, um potenzielle Experten zu finden. Dann habe ich diese Leute direkt angeschrieben.
- Projekte innerhalb des Unternehmens: Sobald es ein neues Projekt gab, habe ich den Projektleiter direkt angeschrieben, ob er das Projekt in einer Lernstunde vorstellen möchte. Das funktionierte oft gut, weil viele stolz darauf sind, ihre Arbeit zu präsentieren.
- Softskills und persönliche Entwicklung: Themen wie Softskills kamen ebenfalls gut an. Trainerkollegen oder externe Experten, die ich kannte, habe ich einfach direkt angesprochen. Dabei spielte mein Netzwerk eine große Rolle.
- Schwierige und emotionale Themen: Ich habe mich auch an Themen gewagt, die viele Menschen eher vermeiden, wie z.B. den Umgang mit dem Tod. Meine Idee war, dass jeder Mitarbeiter, der verstirbt, im Intranet gewürdigt werden sollte, als Zeichen von Wertschätzung und Respekt. Dafür habe ich eine Kollegin aus der Sozialberatung angeschrieben. Anfangs skeptisch, hat sie dann doch zugestimmt, und wir haben eine Lernstunde „Umgang mit dem Tod“ organisiert.
Welche Bücher, Podcasts oder andere Ressourcen haben dich besonders inspiriert?
LinkedIn fürs Netzwerken, Themen aufschnappen und kontaktieren.
Welchen Rat kannst Du den Leuten, die Deine Geschichte hören, auf ihrem Weg mitgeben?
Bleibe authentisch, wenn du für etwas brennst, dann lebe es und setz dich dafür ein. Hätte ich für alles und jeden erst meine Vorgesetzten gefragt, wäre die Evonik Lernstunde nie zu dem geworden, was sie heute ist! Ich hatte einen Auftrag, und den habe ich mehr als zufriedenstellend ausgeführt!
Sei stolz auf dich! Es geht nicht nur ums Geld – der ganze Erfolg und die gesamte Lernstunde als neues Programm haben mir keine Gehaltserhöhung gebracht. Aber dafür habe ich eine unglaubliche Bekanntheit und Wertschätzung erhalten, die man sich eigentlich wünscht, wenn man in Rente geht. Das hatte ich in den 3,5 Jahren. Unvergesslich und einfach toll.
Erst wenn jemand nicht mehr da ist, weiß man oft, was man an ihm oder ihr hatte. Irgendwann wird vieles selbstverständlich. Ich bin gegangen, als ich den absoluten "Gipfelpunkt" erreicht hatte. Lieber so, als wenn ich das eigene Produkt hätte begraben müssen.
Wo können interessierte Personen mehr erfahren?
Zur Evonik Lernstunde könnt ihr die Google Suche oder die LinkedIn Suche nutzen. Darüber hinaus könnt ihr euch beim A(gilen) Team der Evonik Lernstunde wenden.
Mich könnt ihr wie folgt finden: