Vom Außenseiter zum Kickbox-Weltmeister

Tuma Zeitoune
Wiesbaden, Deutschland
25 Jahre
Tuma, einst ein übergewichtiger Junge, kämpfte sich mit Disziplin und Ausdauer an die Weltspitze im Amateur-Kickboxen. Nachdem er im Fußball auf Ablehnung stieß, entdeckte er durch seinen Onkel den Kampfsport für sich. Was als Hobby begann, entwickelte sich schnell zur Leidenschaft – mit intensiven Trainings und ersten Siegen. Trotz Rückschlägen wie einer schweren Knieverletzung und drei aufeinanderfolgenden Niederlagen fand er immer wieder zurück und bewies seinen Kampfgeist. Heute steht er mit 21 Siegen in der B‑Klasse, arbeitet auf den Profibereich hin und schließt parallel sein Studium ab. Seine Geschichte zeigt: Mit harter Arbeit, Durchhaltevermögen und mentaler Stärke kann man jede Herausforderung überwinden.
3 Impulse, die du aus Der Lebensstory für dich mitnehmen kannst
Niederlagen als Sprungbrett zum Erfolg
„Nach 3 Niederlagen hintereinander habe ich gedacht, dass ich’s nicht mehr drauf habe und vielleicht einfach nur beim Trainieren bleiben sollte, statt Kämpfe zu bestreiten. Der Gedanke hielt Gott sei Dank nicht lange an.“
➡️Reflexion: Wann hast du zuletzt an dir gezweifelt – und was hat dir geholfen, dranzubleiben?
Disziplin schlägt Talent
„Manchmal muss man sich ins Training zwingen, auch wenn man keine Lust hat. Nach dem Training fühlt man sich umso besser, dass man nicht abgesagt hat.“
➡️Challenge: Welche Gewohnheit könntest du heute durchziehen, obwohl du eigentlich keine Lust hast?
Das Leben ist wie ein Videospiel
„Das Leben ist wie ein Videospiel: Wenn es schwieriger wird, dann bist du im nächsten Level. Manchmal muss man halt ein Level wiederholen.“
➡️Inspiration: Welche Herausforderung in deinem Leben könnte ein Zeichen dafür sein, dass du gerade aufs nächste Level aufsteigst?
Wer bist Du & welche Lebensstory möchtest Du uns heute erzählen?
Mein Name ist Tuma Zeitoune, ich bin 25 Jahre alt und komme aus Wiesbaden.
In meiner Lebensstory geht es darum, wie ich es vom dicken Jungen zum Kickbox-Weltmeister im Amateurbereich geschafft habe.

Tumas Vewandlung vom "dicken Jungen" zum Kickbox-Weltmeister
Wie kam es dazu & was ging Dir durch den Kopf?
Als Kind war ich fußballbegeistert. Ronaldo, Messi und Ronaldinho waren meine Vorbilder. Jeden Tag saß ich stundenlang vor dem Computer und schaute mir Highlight-Videos ihrer Skills an.
Ich war in einer Fußballmannschaft angemeldet, doch gut spielen konnte ich nicht. Meine Wunschposition war der Sturm, doch als dicker Junge saß ich entweder auf der Bank oder musste in der Abwehr spielen. In der letzten Jugendmannschaft, in der ich spielte, bekamen wir einen neuen Trainer, der mich ab und an im Sturm einsetzte. Oft war ich nicht schnell genug und wurde von der Abwehr eingeholt, woraufhin mich meine eigenen Mitspieler beleidigten. Nach mehreren Auseinandersetzungen mit ihnen verlor ich die Lust und Leidenschaft an der gesamten Sportart.

Tuma war oft zu langsam.
Dann habe ich für ein paar Jahre keinen Sport ausgeübt, bis mein Onkel Fahed mich fragte, ob ich am Kickboxtraining teilnehmen möchte, das er co-leitet. Von 2011 bis 2015 hatte ich keinen Sport gemacht, da war ich 11 bis 14–15 Jahre alt. Das erste Kampfstudio war in der Sporthalle einer Grundschule, die es seit Jahren nicht mehr gibt.
Nach dem ersten Probetraining wusste ich sofort, dass dieser Sport definitiv für mich gemacht ist, doch das Team hatte mir nicht ganz gefallen. Daraufhin suchte ich ein anderes Gym auf, in dem ich mich mit den Leuten verstand. So landete ich im „Masai-Gym“ in Wiesbaden. Seit Anfang 2015 trainiere und kämpfe ich nun im Namen dieses Gyms.

Tuma findet im Masai-Gym eine neue sportliche Heimat
Zu Beginn wollte ich nur trainieren und mich körperlich sowie mental fit halten. Das hielt jedoch nur wenige Monate an, bis mich der Chef des Gyms, Mohamed Akrri, fragte, ob ich Lust hätte zu kämpfen. Ohne lange zu überlegen, sagte ich zu. So kam es Ende 2015 zu meinem ersten Kampf in Offenbach, den ich mit Ach und Krach gewann.
Der erste Sieg war auf jeden Fall ein besonderes Ereignis. An meine ersten Kämpfe erinnere ich mich nur vage, aber der erste Kampf und Sieg bleiben für immer im Gedächtnis.

Tuma feiert mit 15 seinen ersten Sieg im Boxring.
Fazit nach meinem ersten Kampf war, dass ich das Ganze total unterschätzt hatte. Ich musste an meiner Ausdauer arbeiten, meine Technik verbessern und eine Gewichtsklasse runter. Der Kampf war in der 70-Kilo-Gewichtsklasse, doch ich wollte auf 65 kg runter.
Aus drei Trainingseinheiten pro Woche wurden fünf bis sechs. Der Grund, warum ich plötzlich so viel Lust auf das Kämpfen hatte, war der Adrenalinkick und das Siegesgefühl, das ich erleben konnte. Dafür musste ich auf das Rausgehen mit Freunden und Fast Food verzichten. Ein Vorteil war jedoch, dass meine engen Freunde mit mir trainierten – einige von ihnen bis heute.
Daraufhin gewann ich meine nächsten drei Kämpfe ebenfalls. Nach dieser Siegesserie hatte ich einen Höhenflug, doch dann kassierte ich meine erste Niederlage gegen einen starken Gegner. Sein Nachname war Schneider, ein gleichaltriger Russe. Diese Niederlage nahm mich mit. Ich empfand sie als Blamage – Freunde waren extra aus Augsburg angereist, und für mich war es umso peinlicher, dass ich diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Doch die Niederlage machte mich mental stärker. Das Training wurde meine erste Priorität.
Wie bist Du zu Beginn vorgegangen?

Tuma mit seinem ersten Titel.
Wie ging es dann weiter?
Ende 2018 stieg ich aus dem Amateurbereich aus und wechselte in die sogenannte B‑Klasse (Halbprofibereich). Zu diesem Zeitpunkt war ich 18–19 Jahre alt. Mein Einstieg verlief hervorragend, und ich konnte mir Siege auf großer Bühne sichern, darunter bei der Veranstaltung „Enfusion“.

Tuma bei einer seiner Kämpfe bei der Kickbox-Veranstaltung Enfusion
Von 2020 bis 2022 wurde unser Gym aufgrund von Covid mehrfach geschlossen. In dieser Zeit konnte ich nur einen einzigen Kampf bestreiten, den ich durch K.O. gewann. Ende 2021 erlitt ich dann eine schwere Knieverletzung: Kreuzbandriss, Meniskusriss und Knorpelschäden. Ich musste zwangsläufig ein Jahr mit dem Sport pausieren – eine der schlimmsten Zeiten meines Lebens. Der Sport war mein Ausgleich, und die Verletzung setzte mir sowohl mental als auch körperlich extrem zu.
Nach der Corona- und Verletzungspause versuchte ich, wieder ins Kämpfen zurückzukehren. Naiv wie ich war, nahm ich sofort einen Kampf auf großer Bühne an – mit über 10 Kilo Differenz zu meinem damaligen Kampfgewicht. Ich wollte den Adrenalinkick und das Siegesgefühl zurückhaben, doch mein Gegner war mir in jeder Hinsicht überlegen. Absolute Niederlage.
Mein zweiter Versuch war ein Kampf gegen einen Franzosen. In der ersten Runde dominierte ich, doch in der zweiten musste ich abbrechen – ein perfekter Kick traf mein schwaches Knie, und ich konnte nicht mehr weitermachen. Wieder eine Niederlage.
Mein dritter Versuch war ein Kampf in meiner Heimatstadt. Anfangs konnte ich einige Punkte sammeln, doch dann sah ich einen High-Kick nicht kommen – Knockout-Niederlage.
Nach drei Niederlagen in Folge wusste ich, dass sich etwas ändern musste. Mein Kampfstil entsprach nicht mehr meinem alten, also musste ich mein Training anpassen und gezielt an meinen Schwächen arbeiten. Ich trainierte über ein halbes Jahr intensiv an meiner Athletik, absolvierte hartes Sparring mit Top-Leuten aus anderen Gyms und brach immer wieder meine eigenen Rekorde. Zum Beispiel knackte ich meinen 9‑km-Rekord (überwiegend mit Höhen in der Strecke) mit einer Zeit von 44 Minuten. Auch in den Sprintsessions verbesserte ich mich deutlich. In meiner Gegend gibt es eine 500 m lange, steile Strecke, die ich nonstop hochsprinte und locker zurückjogge. Normalerweise schaffe ich drei Sprints, doch in der Vorbereitung konnte ich fünf machen.

Tuma begann nach drei Niederlagen wieder intensiver im Gym zu trainieren.
Das Training zahlte sich aus – ich wagte meinen vierten Versuch gegen einen technisch stärkeren Gegner als die drei zuvor. Letztendlich gewann ich klar nach Punkten, und das ganze harte Training hat sich ausgezahlt.
Tumas erlösender Sieg.
In welchen Momenten hast Du an Dir gezweifelt & wie hast Du wieder Mut gefasst?
In sehr vielen Momenten.
Eine der schlimmsten Situationen war meine Knieverletzung. Nach der langen Pause hatte ich fast 20 Kilo zugenommen – der Blick in den Spiegel war deprimierend. Ich nahm die Heilung ernst, legte die nötige Pause ein und absolvierte alle Physiotherapie-Termine. Nachdem mir mein Orthopäde Dr. Czerny in Wiesbaden-Biebrich das Okay gegeben hatte, wieder Sport zu treiben, faulenzte ich nicht weiter, sondern ging sofort ins Gym.
Meine ersten Sparringseinheiten liefen katastrophal. Das war die Phase, in der ich daran zweifelte, ob ich noch kämpfen sollte. Doch nach langem Training riss ich mich zusammen und wagte den ersten Schritt zurück.
Tuma mit 20 Kilo Zusatzgewicht – Eine Richtungsänderung musste her.
So erlebte ich die größten Momente des Zweifels. Nach drei Niederlagen in Folge dachte ich, dass ich es nicht mehr draufhabe und vielleicht besser nur noch trainieren sollte, anstatt weiter Kämpfe zu bestreiten. Doch dieser Gedanke hielt zum Glück nicht lange an. Ich war nicht bereit, meine Karriere mit 24 zu beenden – und schon gar nicht mit einer Serie von Niederlagen.
Tumas Kampfgeist kam nach Zweifeln wieder zurück.
Wo stehst Du heute & wie sieht die Zukunft aus?
Heute stehe ich mit einer Bilanz von 21 Siegen und 7 Niederlagen weiterhin in der B‑Klasse. Ich möchte noch ein paar Siege holen, bevor ich den Sprung in den Profibereich wage.
Nächstes Ziel – Profibereich
Diesen Sport zum Beruf zu machen, wird jedoch schwierig, da er nicht gut genug bezahlt wird. Mein Hauptfokus liegt daher auf meinem Studium und meinem zukünftigen Business.
Mal sehen, was die Zukunft bringt.
Was hast Du aus dieser Erfahrung gelernt?
Was ich aus meiner gesamten Karriere gelernt habe:
- Disziplin: Manchmal muss man sich zum Training zwingen, auch wenn man keine Lust hat. Doch nach dem Training fühlt man sich umso besser, weil man nicht abgesagt hat.
- Geduld: Die Verletzungsphase hat meine Geduld am meisten auf die Probe gestellt.
- Zeitmanagement: Neben meiner Sportkarriere habe ich mein Fachabitur, eine Ausbildung und ein Studium absolviert und dazu noch gearbeitet. An manchen Tagen hatte ich Schule, Arbeit und Training gleichzeitig – das war nicht immer einfach zu managen.
- Ernährung: Durch die ganzen Weightcuts und Vorbereitungsphasen musste ich mich intensiv mit dem Thema Ernährung auseinandersetzen.
Welche Strategien, Methoden & Tools waren entscheidend für Deinen Erfolg?
Für jeden Gegner entwickeln wir individuelle Strategien. Seit der B‑Klasse kann man sich Filmmaterial der Gegner anschauen, da diese meist auf größeren Bühnen gekämpft haben, wo die Kämpfe aufgezeichnet werden. Manche Gegner waren schwach mit den Beinen – in solchen Fällen habe ich mich im Training darauf fokussiert, harte Kicks einzusetzen. Bei anderen Gegnern entdeckten wir Lücken, die man mit einer geeigneten Finte öffnen konnte, wodurch ich im Kampf klare Volltreffer landen konnte.
Im Amateurbereich war das jedoch schwierig. Dort musste man sich einfach grob auf alles vorbereiten – Augen auf und durch.
Welche Bücher, Podcasts oder andere Ressourcen haben dich besonders inspiriert?
Oft waren es die Highlight-Videos von Mike Tyson oder Badr Hari, die mich inspirierten. Doch meine größte Motivation ist die Vorstellung, einen Profi-Titel auf großer Bühne zu gewinnen.
Ich durfte bei größeren Events einige Male in der Undercard kämpfen und wenige Male sogar bei der Main Card. Die Undercard sind die Vorkämpfe eines Events, während die Main Card die Hauptattraktion ist, für die die meisten Fans kommen.
Die inspirierendsten Gespräche führte ich mit den Profis, mit denen ich eine Kabine teilte. Einer, von dem ich gerne Rat annehme und den ich oft auf Events sehe, ist Juri de Sousa. Er ist immer entspannt drauf und erzählt oft von seinen professionellen Trainingscamps in Holland. Viele Profis haben mir wertvolle Tipps gegeben, besonders darüber, wie man sich körperlich und mental auf Kämpfe vorbereitet.
Eines wurde mir dabei immer wieder gesagt: Ausdauertraining ist das A und O, und Sparring mit erfahrenen Kämpfern bringt einen enorm weiter.
Die mentale Vorbereitung ist oft sogar wichtiger als das Körperliche. Doch dafür gibt es keinen allgemeingültigen Schlüssel – jeder Kämpfer hat seine eigene Strategie. Ich lege mich vor meinen Kämpfen gerne hin und höre ruhige Musik, um meine Aufregung in den Griff zu bekommen und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Andere wiederum bleiben bis zum Aufwärmen nicht in der Kabine, sondern schauen sich die Vorkämpfe an. Jeder findet seinen eigenen Weg.
Welchen Rat kannst Du den Leuten, die Deine Geschichte hören, auf ihrem Weg mitgeben?
Mein Rat: Wenn du etwas aufgebaut hast und es gerade nicht gut läuft, gib nicht sofort auf.
Das Leben ist wie ein Videospiel – wenn es schwieriger wird, bist du im nächsten Level. Manchmal muss man ein Level wiederholen. Und wenn plötzlich Feinde auftauchen, bedeutet das, dass du dem Ziel näher kommst. So funktioniert das Game – besonders im Kampfsport.
Wo können interessierte Personen mehr erfahren?
Auf Instagram @tumaztn oder schaut euch meine Highlights auf YouTube unter „Tuma Zeitoune Kickboxing Highlights“ an. 💪🏼