Mut zur Veränderung: Eine Story über berufliche Neuorientierung
Muqeet Ghaffar
Rhein-Main-Gebiet, Deutschland
32 Jahre
Muqeet entschied sich, eine vielversprechende Führungskarriere zugunsten einer Doktorarbeit aufzugeben. Nach einem erfolgreichen Traineeprogramm und einer Position als Führungskraft erkannte er, dass die Stelle und die damit verbundenen Tätigkeiten nicht seinen Erwartungen an beruflicher Erfüllung entsprachen. Während eines Urlaubs in Thailand reflektierte er intensiv über seine beruflichen Ziele und entschied sich für eine berufliche Neuorientierung: eine Doktorarbeit.
Diese Phase seines Lebens lehrte ihn, wie wichtig es ist, sich den eigenen Zweifeln zu stellen und Mut zur Veränderung aufzubringen, selbst wenn dies gegen den konventionellen Karriereweg spricht. Seine Geschichte ermutigt andere, eine berufliche Neuorientierung in Betracht zu ziehen und den eigenen Weg kritisch zu hinterfragen, um langfristig zufriedener zu sein.
3 Impulse, die du aus der Lebensstory für dich mitnehmen kannst
1. Mut zur Neuorientierung
„Schnell erkannte ich, dass ich trotz meiner verantwortungsvollen Führungsposition insgesamt unzufrieden war und eine Veränderung brauchte.“
➡️ Frage an Dich: Wann hast du zuletzt deine beruflichen Ziele hinterfragt? Wäre es Zeit für eine Veränderung?
2. Reflexion führt zu Klarheit
„Ich nutzte den Urlaub, um einerseits den ganzen Stress hinter mir zu lassen und andererseits über meine Ziele und Wünsche zu reflektieren.“
➡️ Tipp: Nimm dir bewusst Zeit, um über deine beruflichen Prioritäten nachzudenken. Was ist dir wirklich wichtig?
3. Hartnäckigkeit zahlt sich aus
„Mein Professor ermutigte mich jedoch stets, weiterzumachen, was sich letztlich auszahlte, denn in meinem letzten Jahr als Doktorand wurde der Beitrag [nach drei Jahren Ablehnung] dann mit sehr gutem Feedback angenommen.“
➡️ Inspiration: In welchen Bereichen deines Lebens könntest du hartnäckiger bleiben, um langfristigen Erfolg zu erzielen?
Wer bist Du & welche Lebensstory möchtest Du uns heute erzählen?
Mein Name ist Muqeet Ghaffar. Ich bin 32 Jahre alt und möchte euch von meiner Entscheidung erzählen, eine Doktorarbeit an der Universität zu beginnen und mich damit (zum damaligen Zeitpunkt) gegen eine Karriere als Führungskraft zu entscheiden. Es ist eine Geschichte über berufliche Neuorientierung und Mut zur Veränderung.
Muqeet auf einer wissenschaftlichen Konferenz in Kristiansand, Norwegen
Wie kam es dazu & was ging Dir durch den Kopf?
Ich studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität Darmstadt. Kurz vor dem Ende meines Studiums besuchte ich eine Jobmesse und lernte dort meinen späteren Arbeitgeber, einen mittelständischen Automobilzulieferer aus Mittelhessen, kennen. Im Gespräch mit dem Personaler wurde mir das 18-monatige Traineeprogramm der Firma vorgestellt, das sofort mein Interesse weckte. Neben dem inhaltlichen Schwerpunkt überzeugte mich besonders der internationale Aspekt des Programms, das mehrere Auslandsaufenthalte umfasste, und die Aussicht, eine Karriere als Führungskraft zu machen. Meine Bewerbung für die Stelle war erfolgreich, sodass ich unmittelbar nach Abgabe meiner Masterarbeit in das Traineeprogramm einstieg.
Das Traineeprogramm erfüllte meine Erwartungen, denn ich konnte mich fachlich und persönlich weiterentwickeln und dabei in verschiedenen Ländern wie den USA, China und Spanien Erfahrungen sammeln. Nach dem Traineeprogramm stieg ich als Führungskraft in einem kleinen Werk nahe dem Hauptstandort ein. Was ich mir im Studium erträumt hatte, wurde bereits mit 27 Jahren Realität. Ich trug die Verantwortung für eine zwölfköpfige Abteilung, die für den innerbetrieblichen Transport zuständig war.
Schnell konnte ich erste Erfolge vorweisen, weshalb mich die Werksleitung nach knapp vier Monaten fragte, ob ich mir vorstellen könnte, die Abteilung für die werksübergreifende Produktionsplanung zu leiten. Diese Position war frei geworden, da die ehemalige Führungskraft gekündigt hatte. Obwohl ich noch viel zu lernen hatte (sowohl fachlich als auch in Bezug auf Mitarbeiterführung), zögerte ich nicht lange und sagte zu. Es schien, als wäre dies der Beginn einer perfekten Karriere als Führungskraft.
Muqeet bei seiner damaligen Arbeit
Schnell erwies sich der Wechsel jedoch als große Herausforderung. Ohne jegliche Fachkenntnisse in der Produktionsplanung und aufgrund einer nur bedingt geregelten Übergabe zwischen meinem Vorgänger und mir war ein schnelles Einarbeiten in die neuen Prozesse und Abläufe kaum möglich. Auch die im Vorfeld zugesagten SAP-Schulungen wurden kurzfristig wegen fehlendem Budget und aus Sicht meiner Führungskraft geringer Notwendigkeit gestrichen. Erschwerend kam hinzu, dass ich in der Sommerzeit übernahm, als viele Mitarbeiter*innen im Urlaub waren und die Abteilung mit minimaler Besetzung arbeitete. Es war sprichwörtlich wie ein Sprung ins kalte Wasser.
Die ersten Monate waren geprägt von langen, anstrengenden und kräftezehrenden Tagen. Einige Mitarbeiter*innen akzeptierten mich aufgrund meines jungen Alters und des fehlenden Fachwissens nur bedingt als ihre Führungskraft. Zudem musste ich mich in Meetings für die geringe Produktivität anderer rechtfertigen. Obwohl mir bei Antritt der neuen Stelle klar war, dass Herausforderungen auf mich zukommen würden, überraschte mich doch die Intensität. Während ich mit den oben genannten Herausforderungen noch einigermaßen gut umgehen konnte, fiel es mir schwieriger, die mangelnde Unterstützung und das fehlende Verständnis meiner Vorgesetzten zu verkraften. Sie zeigten kaum Wertschätzung für meinen Einsatz, was dazu führte, dass ich mich überfordert und alleingelassen fühlte. Als Folge sank meine Motivation und Freude an der Tätigkeit, was sich letztlich auch auf meine Leistung und Produktivität auswirkte.
Etwa sechs Monate nach Antritt der neuen Stelle hatte ich ein Performance-Review-Gespräch (vergleichbar mit einer Leistungsbeurteilung) mit meinen Vorgesetzten. Es ging um eine mögliche Gehaltsanpassung, die mir bei Antritt der neuen Stelle bei guter Leistung in Aussicht gestellt worden war. Ich wusste, dass nicht alles optimal verlaufen war, aber angesichts der Umstände war ich mit meiner Leistung insgesamt doch sehr zufrieden. Das Gespräch verlief jedoch überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Statt meine Arbeit und meinen Einsatz anzuerkennen und zu würdigen, wurde ich ausschließlich kritisiert und es wurde aufgezählt, was nicht gut funktionierte. Ich hatte das Gefühl, dass meine Vorgesetzten Gründe suchten, um mir die Gehaltsanpassung zu verwehren. Mit diesem ernüchternden Feedback verabschiedete ich mich dann in meinen Jahresurlaub, der mich für knapp vier Wochen mit einem Freund nach Thailand führte.
Wie bist Du zu Beginn vorgegangen?
Ich nutzte den Urlaub, um einerseits den ganzen Stress hinter mir zu lassen und andererseits über meine Ziele und Wünsche zu reflektieren. Dafür nutzte ich hauptsächlich die Zeit am Strand. Ich dachte darüber nach, was mir grundsätzlich an einem Job wichtig ist, und erstellte eine Liste. Auf dieser Liste standen Aspekte wie Spaß und Freude an der Tätigkeit, verantwortungsvolle Aufgaben, eine gute Lernkurve, Work-Life-Balance, ein wertschätzendes und hilfsbereites Arbeitsumfeld sowie eine faire Vergütung.
Muqeets Ausblick bei seinen Strand-Sessions in Thailand
Nachdem ich diese Liste erstellt hatte, bewertete ich meinen aktuellen Stand. Schnell erkannte ich, dass ich trotz meiner verantwortungsvollen Führungsposition insgesamt unzufrieden war und eine Veränderung brauchte. Also begann ich, über mögliche nächste Schritte nachzudenken. Sollte ich mich innerhalb der Firma einer neuen beruflichen Herausforderung stellen? Oder doch außerhalb? Und wenn ja, in welchem Bereich? Und in welcher Stadt?…
Ich durchsuchte Jobportale wie Stepstone und LinkedIn, aber keine Stelle passte wirklich. Entweder überzeugten mich die inhaltlichen Schwerpunkte der Tätigkeiten nicht, oder es mangelte mir an relevanter Berufserfahrung, wie zum Beispiel fehlende Zertifizierungen oder praktische Erfahrungen in der gewünschten Branche. An einem Abend telefonierte ich mit einem sehr guten Freund und erzählte ihm von meinen Veränderungsabsichten. Er hörte mir zu und fragte mich dann, warum ich nicht promovieren wolle. Er und auch meine ältere Schwester hatten mich schon während des Masterstudiums ermutigt, diesen Schritt zu gehen. Damals wollte ich aber lieber ins Berufsleben starten und schenkte dieser Möglichkeit keine Beachtung.
Nun setzte ich mich intensiv mit dieser Option auseinander und merkte schnell, dass mich der Gedanke sehr reizte. Einerseits würde ich mich wissenschaftlich tief mit einem Thema auseinandersetzen und dabei Expertenwissen aneignen. Andererseits würde mir die Tätigkeit als Doktorand auch die Möglichkeit bieten, die Wissenschaft als ein mögliches zukünftiges Arbeitsfeld kennenzulernen, um beispielsweise eine Professur anzustreben. Und selbst wenn das nicht zutreffen sollte, genießt der Doktortitel in Deutschland eine hohe Anerkennung, insbesondere in der Industrie und Wirtschaft.
Während ich also langsam eine Vorfreude verspürte, noch einmal an die Uni zurückzukehren, kamen schnell erste Zweifel auf. Schaffe ich solch eine berufliche Neuorientierung überhaupt? Bin ich als Kind pakistanischer Einwanderer gut genug dafür? Und was, wenn ich gar nicht wissenschaftlich arbeiten kann?…
Wie ging es dann weiter?
Schließlich wurde mir klar, dass diese Fragen nur meine Ängste vor dem Versagen widerspiegelten und ich es einfach ausprobieren musste. Ich war unzufrieden mit meiner aktuellen Situation und brauchte eine Veränderung. Mir wurde bewusst, dass es wohl keinen besseren Zeitpunkt gab, um zu promovieren, als jetzt. Mit 28 Jahren war ich in einem guten Alter, um an die Uni zurückzukehren. Und sollte ich nach einigen Monaten feststellen, dass die Doktorarbeit nichts für mich ist, könnte ich immer noch abbrechen und in die Industrie zurückkehren. So würde ich mir später nicht vorwerfen können, es nicht versucht zu haben.
Als mein Entschluss feststand, eine berufliche Neuorientierung herbeizuführen und die Doktorarbeit anzugehen, begann ich noch im Urlaub, nach passenden Stellen als Doktorand zu suchen. Schnell stieß ich auf eine ausgeschriebene Stelle in der Wirtschaftsinformatik an der Universität Passau, die sich sehr interessant anhörte. Ohne lange zu überlegen, bewarb ich mich auf diese Stelle.
Wenige Tage später, noch im Urlaub, erhielt ich bereits eine Rückmeldung und wurde zu einem ersten Online-Kennenlerngespräch über Skype eingeladen. Das Gespräch verlief so gut, dass der Professor, der zufällig auch in Darmstadt studiert und promoviert hatte (was ich erst im Gespräch erfuhr), mich direkt für ein persönliches Kennenlerngespräch nach Passau, unmittelbar nach meinem Urlaub, einlud. Die letzten Tage im Urlaub verbrachte ich damit, nach weiteren Stellen Ausschau zu halten, mich intensiver über das Thema „Promovieren/Doktorarbeit“ zu informieren und natürlich den Urlaub zu genießen.
In den ersten Tagen nach meiner Rückkehr zur Arbeit wurde mir schnell klar, dass mein Entschluss, eine Veränderung herbeizuführen, richtig war. Trotz der Erholung war ich schnell wieder gestresst, verspürte wenig Freude an der Arbeit und stellte fest, dass die Wertschätzung weiterhin fehlte.
In welchen Momenten hast Du an Dir gezweifelt & wie hast Du wieder Mut gefasst?
Kurz darauf folgte das Bewerbungsgespräch in Passau, das sehr gut verlief. Sowohl die Gespräche mit dem Professor und den zukünftigen Arbeitskollegen als auch das Konzept der strukturierten Betreuung im Rahmen der Doktorarbeit überzeugten mich. Da auch ich den Professor von mir überzeugen konnte, erhielt ich einige Tage später eine Zusage.
Als ich das Angebot dann mit meiner Familie und ausgewählten Freunden besprach, kamen schnell wieder Zweifel auf. Viele konnten nicht nachvollziehen, warum ich einen sicheren und gut bezahlten Job mit toller Perspektive als Führungskraft für eine Doktorarbeit mit ungewissem Ausgang aufgeben wollte. Diese Zweifel ließen mich ins Grübeln kommen.
Zufällig stieß ich wieder auf meine Liste aus dem Urlaub und erkannte, dass ich die Entscheidung bereits gründlich durchdacht hatte und es einfach ausprobieren musste. Also setzte ich meinen Plan in die Tat um, sagte dem Professor für die Stelle zu und kündigte meinen Job. Kurz darauf verspürte ich eine innere Zufriedenheit, endlich eine Entscheidung getroffen und damit die berufliche Neuorientierung eingeleitet zu haben.
Der Start als Doktorand bedeutete für mich eine große Umstellung, denn nun war ich keine Führungskraft mehr, sondern wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an der Universität. Dies machte sich in den ersten Tagen dadurch bemerkbar, dass der hohe Stresspegel, den ich aus meiner Zeit als Führungskraft gewohnt war, komplett wegfiel. Zudem musste ich keine Mitarbeiter mehr führen und saß nicht in unzähligen Meetings, die sich oft als Zeitverschwendung entpuppten. Stattdessen hatte ich ausreichend Zeit, mich an die neue Arbeitsumgebung und die neuen inhaltlichen Arbeitspakete zu gewöhnen. Besonders positiv empfand ich die Flexibilität, die mir mein Professor einräumte, d.h. wie, wo oder wann ich meine Arbeitspakete bearbeite, lag in erster Linie in meiner Verantwortung.
Trotz dieser Umstände war das wissenschaftliche Arbeiten anfangs sehr gewöhnungsbedürftig. So fiel mir in den ersten Wochen das Sichten und Lesen überwiegend englischer Literatur sowie das Identifizieren einer geeigneten Forschungslücke für meine Doktorarbeit besonders schwer. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich anfangs sehr lange (bis zu einen Tag) brauchte, um einen Fachartikel zu lesen und zu verstehen, geschweige denn daraus abzuleiten, an welche Forschungsfelder ich sinnvoll anknüpfen könnte.
Nach etwa einem halben Jahr legte ich mich schließlich fest und entschied, zur prosozialen Datenpreisgabe zu forschen. Prosoziale Datenpreisgaben sind Kontexte, in denen Menschen ihre persönlichen Daten mit der Intention teilen, anderen zu nützen, auch wenn sie dadurch selbst Privatsphärerisiken eingehen. Beispiele sind das zur Verfügung stellen von Gesundheitsdaten für Forschungszwecke oder das Teilen von Wissen auf Online-Plattformen.
Während dieses Thema einerseits noch vergleichsweise wenig erforscht war und ich somit einen relevanten Beitrag zur Wissenschaft leisten könnte, lag andererseits die Schwierigkeit darin, Studien und Experimente entsprechend so zu planen und durchzuführen, dass daraus interessante Erkenntnisse gewonnen werden konnten mit dem Ziel, wissenschaftliche Beiträge zu publizieren. Gerade Letzteres erwies sich als besonders herausfordernd, da einer meiner Beiträge in den ersten drei Jahren stets zur Veröffentlichung abgelehnt wurde, was mich teils demotivierte. Mein Professor ermutigte mich jedoch stets, weiterzumachen, was sich letztlich auszahlte, denn in meinem letzten Jahr als Doktorand wurde dieser Beitrag dann mit sehr gutem Feedback angenommen.
Muqeet stellt seinen Artikel auf einer wissenschaftlichen Konferenz in Hyderabad, Indien, vor
Wer Interesse an meinen veröffentlichten Forschungsbeiträgen hat, kann diese unter den folgenden Links auffinden:
Wo stehst Du heute & wie sieht die Zukunft aus?
Heute, nach fast vier Jahren als Doktorand, stehe ich kurz vor dem Abschluss meiner Doktorarbeit. Ich blicke auf eine wunderbare Zeit mit großartigen Menschen zurück, die von Höhen und Tiefen geprägt war. Trotz diverser Rückschläge, wie etwa der Ablehnung wissenschaftlicher Beiträge, und zahlreicher langer Arbeitstage mit kurzen Nächten habe ich es zu keinem Zeitpunkt bereut, damals diese Entscheidung getroffen zu haben. Rückblickend bin ich sogar stolz darauf, den Mut gehabt zu haben, mich gegen die Karriere als Führungskraft und für eine Universitäts-Promotion zu entscheiden.
Berufliche Neuorientierung geglückt: Muqeet bei der Abgabe seiner Doktorarbeit
Nach der Verteidigung meiner Doktorarbeit werde ich wieder in die Wirtschaft zurückkehren. Ich plane, in die strategische Unternehmensberatung einzusteigen. Obwohl mir das Doktorandendasein mit seinen Vorzügen wie Flexibilität und Freiheit sehr gefallen hat, habe ich in den letzten zwei Jahren festgestellt, dass ich mit dem aktuellen Wissenschaftssystem in Deutschland Schwierigkeiten habe. Dazu gehören die geringe Planungssicherheit aufgrund befristeter Verträge und die Ungewissheit, ob und an welcher Universität eine Professur erreicht werden kann. Zudem möchte ich meine erworbenen Kenntnisse verstärkt in die Praxis einbringen.
Auch wenn ich nicht weiß, wie mein Lebensweg verlaufen wäre, wenn ich damals nicht als Führungskraft gekündigt hätte, bin ich heute sehr stolz auf das Erreichte und freue mich auf den nächsten Lebensabschnitt.
Was hast Du aus dieser Erfahrung gelernt?
Von meinem beschriebenen Entscheidungsprozess und den letzten vier Jahren als Doktorand nehme ich für mich persönlich mit, dass es ganz normal ist, in verschiedenen Lebenssituationen Zweifel zu haben und unzufrieden zu sein. Wichtig ist jedoch, diese Zweifel systematisch anzugehen, um herauszufinden, was die Ursachen sind, und dann zu bestimmen, wie diese aktiv durch eigene Handlungen angegangen werden können. Wenn dieser Prozess dazu führt, dass unbequeme Entscheidungen getroffen werden müssen, sollte man den Mut zur Veränderung aufbringen, getreu dem Motto:
„Es ist nie zu spät!“.
Neben der systematischen Entscheidungsfindung, wie in meinem Fall beschrieben, habe ich auch gelernt, dass ich neben der Arbeit einen Ausgleich benötige, um produktiv und leistungsfähig zu bleiben, insbesondere in Phasen mit hohem Stresspegel. In meinem Fall haben sich verschiedene Sportarten wie Laufen, Indoor Cycling und Krafttraining sowie soziale Kontakte außerhalb der Arbeit als sehr guter Ausgleich erwiesen.
Welche Strategien, Methoden & Tools waren entscheidend für Deinen Erfolg?
Rückblickend hat sich in meiner Situation folgende Vorgehensweise zur Entscheidungsfindung bewährt:
1. Bewusstsein schaffen: Zunächst musste ich mir bewusst machen, dass ich mit der aktuellen Situation unzufrieden war und davon ausgehen konnte, dass sich dies auch nicht so schnell ändern würde. Dies gelang mir mit zeitlichem und geografischem Abstand sehr gut.
2. Präferenzen klären und mit der Ist-Situation abgleichen: Um zu verstehen, warum das so ist und was ich ändern kann, half mir das Erstellen einer Liste mit meinen Präferenzen. Diese Liste ermöglichte es mir, systematisch festzustellen, was ich wollte und wie stark der Status Quo (meine damalige Stelle als Führungskraft) davon abwich. Sie verdeutlichte mir, dass ich eine Veränderung brauchte.
3. Feedback einholen: Darauf aufbauende Gespräche mit Familie und Freunden halfen mir, die Situation aus einer anderen Perspektive zu bewerten und neue Gedanken oder Ideen zu entwickeln. In meinem Fall erhielt ich so den entscheidenden Anstoß, mich intensiver mit der Doktorarbeit auseinanderzusetzen, die ich sonst nicht in Betracht gezogen hätte.
4. Zeit nehmen: Um nicht voreilig oder aus emotionalen Gründen eine Entscheidung mit großer Tragweite zu treffen, ist es ratsam, sich ausreichend Zeit zu lassen und sich klar darüber zu werden, was die Ist-Situation ist und aufgrund welcher Erwartungen eine Veränderung angestrebt wird.
Zur erfolgreichen Bewältigung meiner Doktorarbeit haben sich folgende drei Strategien bewährt, die ich gerne teilen möchte:
1. Hartnäckigkeit: Hartnäckigkeit zahlt sich aus! Wie bereits beschrieben, erhielt ich für einen meiner Forschungsbeiträge in den ersten Jahren Ablehnungen. Trotz dieser Enttäuschung machte ich weiter und wurde schließlich belohnt, als der Beitrag für eine wichtige Konferenz angenommen wurde.
2. Zusammenarbeit: Zusammenarbeit fördert Innovation. Jeder wissenschaftliche Erfolg war das Ergebnis einer tollen Zusammenarbeit mit meinem Professor, meinen Arbeitskolleg*innen sowie anderen Expert*innen und Forscher*innen. Kollektives Fachwissen, effektive Kommunikation und die Integration verschiedener Perspektiven waren Schlüsselelemente für die Entwicklung innovativer Ideen und Ansätze, um sinnvolle Forschungsergebnisse zu erzielen.
3. Zeitmanagement: Das Entwickeln effektiver Zeitmanagement-Strategien half mir, Prioritäten zu setzen und Fristen einzuhalten. Dies war besonders hilfreich, wenn ich mehrere Aufgaben gleichzeitig bewältigen musste, wie zum Beispiel Forschen und Schreiben von Beiträgen, die Erfüllung von Lehrverpflichtungen und die Teilnahme an Konferenzen.
Welche Bücher, Podcasts oder anderen Ressourcen haben Dich besonders inspiriert?
Um die Doktorarbeit erfolgreich bewältigen zu können, haben mir in erster Linie die Gespräche mit anderen Forschenden geholfen. Diese Gespräche zeigten mir, dass ich nicht allein mit meinen Herausforderungen kämpfte, und ermöglichten es mir, von ihren Erfahrungen zu lernen. Neben diesem Erfahrungsaustausch haben mir besonders zwei Bücher sehr geholfen:
1. Getting Things Done von David Allen
2. Writing Science: How to Write Papers That Get Cited and Proposals That Get Funded von Joshua Schimel
Welchen Rat kannst Du den Leuten, die Deine Geschichte hören, auf ihrem Weg mitgeben?
Ich rate allen, die sich in solchen oder ähnlichen Situationen befinden, sich ernsthaft und ausreichend Zeit für die Entscheidungsfindung zu nehmen und dann den Mut zu haben, hinter der Entscheidung zu stehen, auch wenn Widerstände auftreten. Aus eigener Erfahrung kann ich empfehlen, eine solche Entscheidung nicht einfach im normalen Alltag, zwischen Tür und Angel, zu treffen. Das funktioniert oft nicht gut, da wir Menschen häufig mit vielen anderen Dingen beschäftigt sind. Besser ist es, eventuell für ein paar Tage wegzufahren und die Gesamtsituation mit Abstand zu betrachten. Eine hilfreiche Maßnahme kann sein, wie ich es gemacht habe, sich eine Liste anzufertigen, was einem wichtig ist, und diese dann mit der aktuellen Situation abzugleichen.
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